Die zahlreichen Überformungen des heutigen Schlossensembles sind ebenso Herausforderung wie Reiz der komplexen Aufgabe. Die zum Teil unübersichtliche räumliche Organisation verlangt dabei nach einer neuen Klarheit, die jedoch die Lesbarkeit der Geschichte und der Geschichten, die mit vielen der historischen Räume verbunden sind, nicht beeinträchtigen soll. Der Entwurf entwickelt deshalb mit wenigen minimalinvasiven Eingriffen eine klare stadträumliche und innenräumliche Erschließungslogik. Die Eingriffe sollen als neue Zeitschicht gelesen werden, die allerdings nirgends die räumliche Logik der barocken Grundstruktur des Hauses verlässt.
Durch die Versetzung der Lichthofüberdachung auf Traufhöhe werden die historischen Fassaden des Eingangshof wieder erlebbar. Der Arkadenhof bildet weiterhin das stadträumliche Zentrum des Ensembles, an das sich das neu gestaltete, großzügige Foyer anschließt. Der angrenzende Lichthof wird zur überdachten Agora umgestaltet, dem neuen, öffentlich zugänglichen Mittelpunkt der Universität mit gastronomischem Angebot und Ausstellungs- und Aktionsflächen. Im Erdgeschoß sind alle öffentlichen
Anlaufpunkte angeordnet wie das Studienzentrum im Hofgartenflügel, das Studierendenzentrum im Kaiserplatzflügel, die Räume des Museums und die Kirche. Das 1. Obergeschoß ist das Lehrgeschoss. Mit den großen Hörsälen, der Aula und sämtlichen Seminarräumen ist es das Geschoss mit der höchsten Nutzungsfrequenz. Die weiteren Obergeschosse sind den Instituten vorbehalten, die jeweils auf einer Ebene untergebracht sind. Aus dieser einfachen funktionalen Gliederung heraus wird die Klarheit der zukünftigen Erschließung entwickelt.
Umgang mit dem Denkmal:
Zwei neue Erschließungskerne an der Agora und am Eingangshof bilden die zentralen Adressen im Erdgeschoss. Die beiden historischen, im Erdgeschoss endenden Treppenanlagen bleiben für die Aula, die Hörsäle und die Seminarräume wichtige Zugangswege. Durch die Beschränkung größerer Baumaßnahmen auf den Bereich zwischen Süd-und Westturm für den neuen großen Hörsaal und die haustechnischen Anlagen werden in Kombination mit dem Lowtech-Haustechnikkonzept große haustechnische Eingriffe vermieden und die Dachräume für großzügige offene Instituts-Arbeitsbereiche gewonnen. In den unteren Geschossen beschränken sich die Eingriffe auf den Rückbau nichttragender Wände, die Entfernung überflüssiger Nebenerschließungen und die Integration neuer Aufzüge, um die Barrierefreiheit der gesamten Anlage sicherzustellen.
Nur an wenigen, strategisch bedeutsamen Stellen werden minimale Eingriffe in die geschützte Bausubstanz vorgenommen. Gut erhaltene, historisch wertvolle Einbauten wie das Gestühl im Hörsaal 1, Teile der erdgeschossigen Garderoben und einige Regal- und Sitzeinbauten in den studentischen Arbeitsbereichen sollen wiederverwendet werden, auch um die historische Vielschichtigkeit zu unterstreichen. Neben den beiden Lichthofüberdachungen und der Dachraum-Erweiterung der Aula besteht die einzig größere Maßnahme im Rückbau des nicht denkmalgeschützten Hörsaals 10 und einem Holzaufbau, der einen großen Hörsaal und ein weiteres Institutsgeschoss aufnimmt.
| Wettbewerb | 3. Preis, 2025 |
| Bauherr | Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW |
| Nutzerin | Universität Bonn |
Wettbewerb
Projektleitung:
Petra Wäldle, Bettina Schriewer
Team:
Andreas Mayr, Daniel Eichenberg, Marco Ullrich, Bastian Gerner, Jacob Steinfelder, Ruben Beilby, Mona Kraienhorst, Nina Lehrum-Stapenhorst, Janine Seiffert, Julius Dettmers, Karl Müller
Beratung Technische Ausrüstung, Energie, Bauhysik, Brandschutz: Arup Deutschland